Gestriges Telefongespräch mit meiner engsten Freundin, die gleich alt ist wie ich und unsere biologische Uhr anspricht, ihre Torschlusspanik. Sie glaubt, dass es biologisch bedingt sei, dass wir uns unerfüllt fühlen, da wir Frauen sind, im – länger schon – gebärfähigen Alter, aber eben halt noch nicht gebärt haben. Sie führt ihre Unlust zu arbeiten darauf zurück, dass wir biologisch darauf programmiert seien, zuhause zu sein, mütterlich. Ich überlege mir ja viel, zu viel, aber dies ein Gedanke, den ich tatsächlich noch nicht gedacht hatte. Aber der vielleicht doch eine Überlegung wert ist?
Was ich unterschreiben würde, ist, dass die Arbeitswelt für mich definitiv einen gewaltigen Tick zu männlich ist. Dass von mir als Frau quasi erwartet wird, ein Mann zu sein, was ich aber ja eben biologisch bedingt nicht bin. Und in meinen Augen folglich auch so gar keinen Sinn macht. Denn sollte es Frauen, Weiblichkeit und alles, was damit einhergeht, nicht geben, dann gäbe es sie nicht – und dann auch uns alle nicht, nur um es mal erwähnt zu haben. Ich mag mich nicht länger zu einem Mann machen müssen, etwas, in dem ich ja nur versagen kann, weil ich es schlichtweg nicht bin. Und eigentlich auch nicht sein muss, ausser man stellt diese irrinnige Erwartung irrsinnigerweise dann eben doch an mich.
Ich bezweifle, dass die Emanzipation mir wirklich einen solch grossen Dienst erwiesen hat. Denn so wie ich es verstehe/erlebe, soll ich nun nach wie vor Kinder grossziehen, meine Eltern pflegen, den Haushalt führen, aber gleichzeitig auch noch möglichst Vollzeit arbeiten – mich dort gebaren wie ein Mann, nur halt mit dem Verdienst einer Frau. Und wenn ich das nicht packe oder auch schlichtweg nicht will, dann habe ich versagt – sowohl als Mann als auch als Frau und sowieso.
Irgendwie kann ich nur versagen; als Mutter, die ich nie werde oder nebst allem anderen mehr schlecht als recht bin, als Tochter, die für ihre alte Eltern nie die Zeit hat, die sie verdient hätten, als Karrierefrau, die ihre Karriere eben allem anderen opfert oder alles andere der Karriere, als Arbeitnehmerin, die nebst der Arbeit auch noch andere (wichtigere) Verpflichtungen hat oder eine tickende Zeitbombe ist, weil sie sich erlauben könnte, ihrer biologischen Uhr zu folgen und schwanger zu werden, als Freundin, die nebst all dem kaum noch präsent ist,… Und dann wäre da auch noch die Spiritualität, für alle diejenigen, die ihr ebenfalls Platz einräumen möchten, sowie auch mein Drang zu Reisen. Das alles möchte seinen Platz, fordert Zeit. Uff! Einmal mehr ein enorm grosses SOLLEN und ein zum Scheitern verurteiltes Können.
Natürlich möchte ich die Emanzipation nicht rückgängig machen und nicht auf mein Stimmrecht verzichten, mich irgendsoeinem Typen unterordnen und mich möglichst hübsch und dumm geben müssen, damit er sich auch immer schön brav überlegen fühlt. Weil er das angeblich sein soll als Mann. Und wer genau hat diesen Quatsch erfunden? Ziemlich sicher ein Mann. Der damit beiden Geschlechtern ordentlich was eingebrockt hat.
Ich habe es mir – oder es wurde mir und ich habe es zugelassen – abtrainiert, Frau zu sein, weil von mir erwartet wurde, eben Mann zu sein. Und jetzt bin ich weder noch, hin und her gerissen zwischen den Rollenbildern, all den Erwartungen, Anforderungen. Und ja, meine biologische Uhr, sie tickt. Denn im Gegensatz zum Mann habe ich nicht die Möglichkeit selbst im höchsten Alter noch Kinderlein in die Welt zu stellen – was ich für die Kinderlein aber auch besser finde.
Und vielleicht ist es ja wirklich so, dass sie mir fehlen, ich damit ja auch der Natur zuwider handle. Indem ich mich bisher der Reproduktion verweigert habe. Nun gut, die Menschheit wird’s überleben – es gibt ja genug andere Produktionswillige -, und die Natur auch. Der Natur geht es wohl eh besser je weniger es von uns Kinderlein und Menschlein gibt. Aber ich, was ist mit mir, mit meinem Mutterinstinkt, meiner Weiblichkeit? Wo finden sie ihren Platz? Kann ich mich je erfüllt fühlen, wenn ich ihnen nicht nachkomme? Wo sonst kann ich sie ausleben?