Alltagsanekdoten / everyday life

Ich bin nicht krank, ich bin schwanger! 

Frauen haben mehr oder weniger regelmässig monatlich ihre Tage und werden gegebenenfalls mal schwanger, kriegen Kinder und so. Würden sie dies nicht haben und tun, jetzt mal ganz gut mitlesen liebe Herren und auch Artgenossinnen, die den Herren fleissig nacheifern, gäbe es uns alle nicht, echt jetzt! Kaum zu glauben, aber dennoch völlig wahr. Und das ist jetzt auch tatsächlich mal was, das schon immer so war, seit es die Menschheit gibt, und wohl auch noch länger so sein wird. Frauen haben diese wundervolle Gabe, Kinder auszutragen, was meiner Meinung nach so ziemlich das Natürlichste überhaupt ist. Nur…und jetzt kommt’s: Was haben wir bitteschön daraus wieder gemacht? 

Heute Brunch mit einer Freundin, die hochschwanger ist. Ich finde ja, sie ist hochschwanger und sollte sich jetzt möglichst auf sich und das Kind konzentrieren können, das sie zum Fortbestand der Menschheit austrägt (es soll u.a. auch mal unsere Rente sichern, uns pflegen, wenn wir alt und grau sind und anderes). Ihr (dem Namen nach kinderlieber) Arbeitgeber sieht das aber mal wieder anders und will ihr den Mutterschutz verweigern. Solche Geschichten kenn ich auch von sich sozial schimpfenden öffentlichen Arbeitgebern in der Schweiz, so dass mich eigentlich nichts mehr schockieren sollte, tut es aber dennoch immer wieder. Und das finde ich auch richtig so.  

Er lässt sie also wenige Wochen vor der Geburt noch zu Bedingungen arbeiten, die gegen das deutsche Gesetz verstossen, und will ihr auch das Mutterschaftsgeld nicht entrichten. Sie hätte genug anderes um die Ohren, Sinnvolleres, aber muss sich stattdessen damit rumschlagen – von Amt zu Beratungsstelle zu Arbeitgeber und wieder zurück, mehrfach. Und alle finden sie, was sie doch noch alles machen solle. Als ihre Ärztin ihr für gewisse Arbeiten ein Arbeitsverbot erteilt, bittet ihr Arbeitgeber um eine Krankschreibung, worauf sie ihm empört mitteilt, dass sie nicht krank sei, sie sei schwanger! Und das finde ich grandios von ihr. 

Ich mach mir dann mal wieder so meine Gedanken. Denn ich versteh’s halt einfach nicht. Warum zwar allseits bekannt ist, dass wir Frauen aus äusserst natürlichen Gründen menstruieren und auch mal schwanger werden, aber in der Arbeitswelt und auch allgemein in der Gesellschaft dermassen schlecht damit umgegangen wird – als wäre es eine Riesenfrechheit unsererseits, dass wir uns sowas tatsächlich erlauben. Hat eine Frau ihre Tage, soll sie sich gefälligst nichts anmerken lassen und funktionieren wie immer – sowieso ja möglichst ein Mann sein, einfach mit weniger Lohn für dieselbe Arbeit, wobei ein Mann ja schon bei einem Schnupfen zum Häufchen Elend wird… -, und sollte sie denn überhaupt eingestellt worden sein, obwohl sie im gebärfähigen Alter ist und somit ein Risiko darstellt, und dann tatsächlich schwanger werden, dann soll sie auch da möglichst so tun, als wäre alles wie immer und das am besten irgendwie ignorieren.

Warum? Das darf man mir echt gerne mal mit stichhaltigen Gründen erklären, ich bitte darum. Meine Theorie: Es gab da mal so’n paar Männer, die einen unglaublichen Minderwertigkeitskomplex gegenüber dem weiblichen Geschlecht hatten, das u.a. da was kann, das ihnen nicht mitgegeben worden ist, und bei denen wohl auch sonst ordentlich was schlief gelaufen ist, so dass sie glaubten, sie müssten sich jetzt über alles und jeden (Frau, Tier, Natur) erheben und seien das absolute Nonplusultra der Schöpfung. Die nachfolgenden Generation wurden dann im Glauben erzogen, dies sei absolut gut und richtig so, und selbst die Frauen machten fleissig mit, so dass ich bereits als Mädchen wusste, dass ich meine Tage möglichst still über mich ergehen lassen soll, sie wie einen Fluch behandeln, dem ich unglücklicherweise ausgesetzt bin – dem Fluch in einer Gesellschaft Frau zu ein, die zu beschränkt ist zu kapieren, dass es da einen gewissen Unterschied gibt zwischen den Geschlechtern, den es von Natur aus braucht. Und wenn ich dann schwanger bin, dann wäre es eigentlich äusserst sinnvoll, mir und dem Kind gut zu schauen, im Interesse aller, aber man will ja nicht längerfristig denken, sondern der Rubel muss rollen, jetzt, selbst bei den (a)sozialsten Arbeitgebern.  

Ich bin nicht gewillt, wenn ich Krämpfe habe – die eine Vielzahl der Männer, die ich kenne, wohl nicht ansatzweise sonderlich gut aushalten könnten -, dann vielleicht nebst allem, was ich dennoch wie gewohnt bewältigen soll, mal etwas gereizt bin, mich dafür noch schlecht zu fühlen und zu entschuldigen. Aber tu ich natürlich, weil auch mir dieser Quatsch eingetrichtert worden ist. Wie doof sind wir Frauen eigentlich, dass wir das mittragen? Wir haben monatlich Krämpfe, ohne die es uns alle gar nicht gäbe, sollen diese aber ignorieren und verstecken, wie gewohnt es möglichst allen recht machen und uns dann noch entschuldigen, wenn es uns nicht immer gelingt? Ne sorry – oder eben nicht sorry! -, aber das ist doch völliger Humbug. Denn vielleicht hätten wir die Krämpfe ja auch niemals so arg, wenn wir uns einfach zurückziehen dürften, uns hinlegen, entspannen. Entspannen soll ja bekanntlich krampflösend sein. Und einer Schwangeren sowie ihrem Kind täte es bestimmt auch gut.

Was ich dann halt noch besonders schlimm finde, ist, wenn wir Frauen da brav mitmachen – man will es sich ja bloss nicht mit der Gesellschaft verscherzen, die zwar zur Hälfte aus Frauen besteht, aber das ignorieren wir ja, genau. Wenn zum Beispiel dieser Freundin von Frauen am Arbeitsplatz das Leben schwer gemacht wird, die dann selbst schon Kinder haben, jetzt aber ihr den Mutterschutz vorenhalten wollen – um vor der Männerwelt gut dazustehen, weil man ja so tough und unweiblich ist? Mir sträubt sich, was sich da nur sträuben kann, und ich hör sowas halt leider, leider nicht zum ersten Mal. (Ich habe manchmal das Gefühl, je sozialer die Arbeitgeber dem Namen nach sein sollen, umso asozialer verhalten sie sich gegenüber den eigenen Mitarbeitern. Diese Aussage beruht auf zu vielen Erfahrungswerten…).

So, da habe ich mich mal wieder etwas aufgeregt – könnte noch viel mehr -, aber mein Appell sowohl an Mann als auch an Frau wäre halt: 

  • Lasst doch die Frau bitte wieder Frau sein! 
  • Dass wir unsere Menstruation haben dürfen, ohne uns dafür schämen zu sollen, und wir uns die Ruhe nehmen können, die unser Körper in dieser Zeit braucht und klar einfordert – bei manchen mehr, bei anderen weniger. (Aber diejenigen, die davon weniger mitkriegen und vielleicht auch einfache Schwangerschaften haben, sollen sich deshalb doch bitte nicht gleich auch als Halbplusultra der Schöpfung erachten (Nonplusultra ist ja bekanntlich bereits vergeben) und denjenigen das Leben noch schwerer machen, bei denen es sich nicht so problemlos verhält.) 
  • Dass wir Leben schenken und austragen dürfen, ohne dafür abgestraft zu werden – mehrfach.
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Ein Kommentar zu „Ich bin nicht krank, ich bin schwanger! 

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