Gedanken über mich und die Welt / just thinking...

unzufrieden und verarscht

Ich fühle mich verarscht, total. Ja, man wird es nicht glauben. Bei all den vielen Chancen und Möglichkeiten, die ich habe und hatte, fühle ich mich dennoch verarscht. Und wie. Vom Leben, von der Gesellschaft, von der Schule, von meinen Eltern, von Arbeitgebern, und am meisten wohl wieder von mir selbst. 

Mir war gesagt worden, das Leben sei gut. Wenn ich mich nur bemühe, fleissig bin, eine Ausbildung mache, studiere (hab ich beides, sogar mehrfach), brav arbeite, überall helfe, möglichst nie wütend werde, Angst zeige oder weine – denn das will doch keiner sehen, weil es angeblich schwach ist -, es bestmöglich allen recht mache, schön überall Versicherungsbeiträge bezahle, um mich gegen jegliches Unheil abzusichern, wenn ich als stummes Rädchen in diesem verrosteten Getriebe funktioniere, dann wird sich das auszahlen, es mir gut gehen, ich zufrieden und abgesichert sein. Aber so fühlt es sich nicht an. Nicht, wenn ich mich dafür verraten und verkaufen muss. Ich fühle mich nicht abgesichert, sondern eher abgewürgt, und zufrieden bin ich schon gar nicht. War ich auch eher noch nie. Logisch, wenn ich mich konstant abwürge und verbiege, wie soll da auch irgendwer zufrieden sein. 

Obwohl, erschreckend viele sind es ja dennoch – oder reden sich wohl eher ein, dies zu sein. Wenn sie sich auch immer brav und kräftig ablenken, damit es ihnen bloss nie bewusst werden kann, dann mag dies gut gehen, aber auf Dauer dann wohl eher nicht. Ich sage nur: Burnout, Depression und Co. Wie viele Menschen nehmen inzwischen regelmässig Psychopharmaka? Ich will es gar nicht wissen. Aber als ich vor ein paar Monaten wieder einmal auf Zwischenstation in der Schweiz war, war ich einmal mehr schockiert zu hören, wer alles regelmässig Alkohol trinken, Sex im Übermass haben oder eben Tabletten schlucken muss, um unsere Gesellschaft und Arbeitswelt auszuhalten. Und dass dies als normal gilt und so gut oder zumindest ok sein soll, das gibt mir dann mal wieder ordentlichst zu denken.

Und dann halt schon die Frage, in wessen Interesse es denn ist, dass wir so funktionieren? Also, in meinem nicht. Würde ich jetzt doch gerne mal so behaupten. Ich glaube aber, dass auch das wieder eine „Unart“ der Hochsensiblen ist, dass sie Missstände eben besser wahrnehmen, auch dafür sensibler sind. Und so dann eigentlich eine Schutzfunktion für die Gesellschaft haben könnten. Indem sie schneller auf Dinge (ungesunde Ernährung, Arbeitsbedingungen etc.) reagieren, die uns allen schaden, uns krank machen – seelisch, psychisch, körperlich. Dafür müsste man sie aber in ihrem Empfinden wahr- und ernst nehmen, sonst wird das natürlich nichts. Das wäre dann ein weiterer von der Natur eingebauter gesunder Mechanismus, der einfach mal grundsätzlich abgemurkst wird, wie generell auch all diese vielen ausgeklügelten Zeichen, die uns zum Beispiel unsere Körper Tag für Tag so senden. 

Ich drifte hier aber gerade mal wieder ab, denn ich will ja unzufrieden und verarscht sein. Beziehungsweise will ich das gar nicht, aber ich fühl mich halt so, und vielleicht fühl ich mich eben so, weil ich es doch auch irgendwie will. Hm. Ich habe mal von Doreen Virtue gelesen, dass Indigos (oh oh, jetzt kommt sie noch mit Esoterik und mit einer, die mit Engeln kommuniziert und so, Obacht) generell unzufrieden seien, auch nicht hier auf Erden seien, um zufrieden zu sein. Und auch Andreas Bourani (ja, hier werden alle Ecken etwas abgedeckt – vielseitig interessiert nennt man das) meinte mal in einem Interview, dass seine Kreativität auf Unzufriedenheit beruhe (oder sowas, man soll mich da jetzt bitte nicht auf den genauen Wortlauf behaften und ihn dann auch nicht, weil’s vielleicht in meiner Fassung so gar nicht mehr seiner entspricht). So hat die Unzufriedenheit wie alles, so unangenehm ich sie auch finden mag, ja nicht nur Nachteile, sie kann nämlich auch eine treibende Kraft sein. Genauso wie auch Wut und Aggression – in angemessenem Masse. Wären wir alle mit allem zufrieden, dann würde sich auch nie was ändern, warum denn auch. Und vieles wäre wohl tatsächlich nie geschaffen worden, hätten die Schaffenden nicht aus einem Mangel, einer Unzufriedenheit heraus dieses eben schaffen wollen. 

Sich unzufrieden und verarscht zu fühlen ist also wohl nicht per se ein Problem. Sondern schlichtweg eine Tatsache, ein Gefühlszustand, der mir wichtige Informationen liefert. Und dann habe ich die Wahl: Ich kann in Selbstmitleid ersaufen und darin verharren, mich richtiggehend darin suhlen und in all der Aufmerksamkeit, die ich für mein Leid kriege, oder aber ich gestehe mir möglichst realistisch ein, wo ich denn gerade stehe und was mir daran nicht passt und benutze meine Unzufriedenheit um mich dorthin zu bringen, wo ich denn gerne hin möchte. Ich verleihe ihr Farbe, Form, Flügel. 

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2 Kommentare zu „unzufrieden und verarscht

    1. 🙂 ich stehe mir vor allem immer wieder selbst im weg – aber das tun wohl viele von uns. und gell, ich bewundere, wie du dein schicksal angenommen hast und das beste daraus machst! es kann ja auch nicht jeder von sich sagen, dass er im altenheim wohnt! 😉 alles, alles gute dir!!

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