Vergebung ist gerade wieder ein grosses Thema bei mir – oder wohl eher immerfort. Weil sie eben gar nicht so einfach ist, und zumindest ich da für so’n paar Sachen länger brauche. Meiner Meinung nach viel zu lange, aber wenn’s so ganz simpel und einfach wäre, dann wär’s wohl nicht für viele von uns ein so grosses und herausforderndes Thema und die Welt auch „ein besserer Ort“.
Jetzt gerade blättere ich mal wieder in Suzan H. Wiegels „Ho’oponopono – Fliegen kannst du nur gegen den Wind“ (besonders gern von ihr hab ich „Die Botschaft der Kahunas“) und lese, dass die heilende Kraft eines Medizinmannes oder einer Medizinfrau vor allem darin bestehe, „den „Patienten“ niemals als krank, sondern als vollkommen ganz und vollendet heil zu sehen. Sie übertragen diese Wahrnehmung so lange und so intensiv auf den anderen Menschen, bis er es selbst wieder fühlen und glauben kann“. Und ich finde das einfach nur wunderschön!
Während ich unser Gesundheitswesen gerne als Krankheitswesen bezeichne, da es für meinen Geschmack schockierend defizitorientiert ist und darauf abgestützt, den Patienten „klar zu machen“, wie krank sie doch sind, würde ich mir so etwas bedeutend mehr wünschen, mich da auch viel besser aufgehoben fühlen. Dass wir nicht einen Patienten oder zum Beispiel in der Sozialen Arbeit einen Klienten als krank und problembehaftet betrachten, sondern zuerst einmal all das viele Gute und Funktionierende in ihm sehen sowie auch sein Potential zur Vollkommenheit oder eben ihn gleich in seiner ganz individuellen Vollkommenheit wahrzunehmen.
Für ihn daran zu glauben, so lange er dies selbst nicht kann. Anstatt zu glauben, ihm klar machen zu müssen, wie prekär seine Lage doch bitteschön ist. Immer wieder mein Gedanke im Kontakt mit unserem Gesundheitswesen: Selbst wenn ich so todkrank bin, dass ich morgen sterben sollte, was bringt es mir denn, wenn mir das immer wieder gesagt wird – dass ich krank bin, schwer krank, dass ich dies doch einsehen soll, und dass ich sowieso einfach nur arg viel Probleme habe.
Ich habe auch Louise L. Hay und andere Vertreter des positiven Denkens gelesen. Darin immer wieder die Rede von Leuten, die sich alleine durch positives Denken geheilt haben. Ob ich jetzt zum Beispiel bei einer Krebsdiagnose alleine auf positives Denken würde setzen wollen, kann und will ich so nicht sagen, doch ist es wohl unumstritten, dass unsere Gedanken äusserst machtvoll sind.
Wie kann es also helfen, andere mit negativen Gedanken geradewegs zu verseuchen? Höchstens man betrachtet es von der Perspektive, dass man ihnen damit aufzeigt, dass sie von dort keine Hilfe kriegen werden und sie besser in sich selbst suchen. Hilfe zur Selbsthilfe dann quasi, nur indirekt.
Suzan H. Wiegel schreibt auch, dass der Mensch, aus Freude daran, endlich angesehen und erkannt zu werden, immer das Beste aus sich herausholen wird. Dies etwas, das mir auch in der Sozialen Arbeit wichtig ist oder auch nur schon im Alltag im Kontakt mit anderen Menschen. Ich möchte jetzt wahrlich nicht behaupten, dass ich es mit Bravour meistere, aber auch da möchte ich hin und mich mehr und mehr darin üben. Probleme nicht schönreden, das dient meiner Meinung nach auch keinem und nimmt das Gegenüber in seiner Lage nicht ernst, aber dennoch nicht vergessen, wie viel Wunder da vor mir sitzt oder steht. Und ihm zeigen, dass es so viel mehr ist, als es vielleicht selbst glaubt – als wohl die Meisten von uns von sich glauben.
Nelson Mandela sagte (beziehungsweise zitierte) mal (dazu gibt es unzählige Quellen, aber dies wurde ergoogelt und kopiert von http://www.wegmarken.at/2012/03/angst-vor-der-eigenen-macht.html):
Unsere tiefste Angst ist nicht, daß wir unzulänglich sind, unsere tiefste Angst ist, daß wir unermeßlich machtvoll sind.
Es ist unser Licht, das wir fürchten, nicht unsere Dunkelheit.
Wir fragen uns: „Wer bin ich eigentlich, daß ich leuchtend, hinreißend, begnadet und phantastisch sein darf?“
Wer bist du denn, es nicht zu sein? Du bist ein Kind Gottes.
Wenn du dich klein machst, dient das der Welt nicht.
Es hat nichts mit Erleuchtung zu tun, wenn du schrumpfst, damit andere um dich herum sich nicht verunsichert fühlen.
Wir wurden geboren, um die Herrlichkeit Gottes zu verwirklichen, die in uns ist.
Sie ist nicht nur in einigen von uns: Sie ist in jedem Menschen.
Und wenn wir unser eigenes Licht erstrahlen lassen wollen, geben wir unbewußt anderen Menschen die Erlaubnis, dasselbe zu tun.
Wenn wir uns von unserer eigenen Angst befreit haben, wird unsere Gegenwart ohne unser Zutun andere befreien.
Und ich sehe da viel Wahres dran, dass viele von uns tatsächlich ihre Grösse fürchten, da wir gelernt haben, oftmals dazu erzogen wurden, klein zu sein, Grösse für uns jedoch ein unbekanntes Terrain ist. Sie geht ja auch meistens (oder gar immer) mit dem Neid und Anfeindungen anderer einher, die wir verständlicherweise vermeiden möchten. Zudem, let’s face it, haben wir alle unser Ego. Und leider erfreut sich dieses zu oft daran, wenn andere „klein“ sind, weil es sich dadurch weniger bedroht fühlt. Nachvollziehbar dann, wenn wir (Ärzte, Sozialarbeiter, Lehrer, Politiker,…Menschen) dann nicht ungerne anderen klar machen wollen, wie falsch sie doch sind, um uns selbst mal etwas besser fühlen zu können. Wenn andere klein bleiben, müssen ja auch wir nicht wagen, grössere Schuhe anzuziehen. Die lieben anderen machen es ja genauso wenig… Und sollten sie es doch wagen, werden wir schnellstmöglich alles nur erdenklich Schlechte an ihnen suchen und ihnen aufzeigen, damit sie bloss wieder umkehren und uns in unserer Angst bestätigen, dass es keine gute Idee ist, unser Licht strahlen zu lassen und unserem Herzen zu folgen.