Gedanken über mich und die Welt / just thinking...

Die Schulmedizin und ich oder Die Wahl zwischen den zwei Wölfen

Es dürfte aufgefallen sein, dass ich in meinen Texten der Schulmedizin und ihren Akteuren nicht sonderlich schmeichle. Sie sind wohl mein Anfeindungsobjekt Nummer 1. Meiner Meinung nach hab ich da gute und berechtigte Gründe zu, doch stellt sich dennoch die Frage, ob Anfeindung generell irgendwem was bringt – abgesehen von meinem Ego. 

So hat ja auch hier alles zwei Seiten und noch viel mehr. Zugegeben, ich hatte irgendwie das Pech, die Schulmedizin mehrfach von einer äusserst unbequemen Seite kennenzulernen, was in meinen Augen so gar nichts mehr mit Medizin oder Hilfe zu tun hatte, im Gegenteil. Auch gebe ich offen zu, dass ich generell so einiges in Frage stelle, worauf die Schulmedizin basiert und wie so manch einer sie anwendet. So bedaure ich es sehr, dass sie sich über andere medizinischen Ansätze erhebt, die es teilweise ja schon bedeutend länger gibt als sie, wie zB Ayurveda oder die Chinesische Medizin, und diese viel zu wenig gelten lässt, so dann auch nicht mit ihnen zusammenarbeitet. Genauso vermisse ich ein ganzheitliches, gesundheitsorientiertes Denken. Ein Bewusstsein, dass der Mensch ein sehr komplexes System ist, das von so unglaublich vielem beeinflusst wird. Und auch dass wir alles Individuen sind, und dies sein dürfen. Dass es nicht darum gehen darf, dass alle gleich funktionieren und auf alles gleich reagieren etc. und wenn dem nicht so ist, sie nicht mitarbeiten, schwierig sind, unkooperativ, labil, gestört oder was da sonst noch so einfach mal den Klienten um die Ohren gehauen wird. Ich könnte diese Liste mit Dingen, die ich der Schulmedizin beziehungsweise ihren Akteuren vorwerfe, noch sehr, sehr, sehr viel länger machen, aber ich möcht’s zumindest in diesem Post eben mal nicht tun, die Schulmedizin generell nur abzuwerten – wobei generalisieren und abwerten sowie Aktionen sind, die ich zu oft und zu schnell dann doch mal wieder mache, die mich aber schlichtweg nicht dorthin führen, wo ich eigentlich hin will.

Also Cut jetzt. Ich lese derzeit das aktuelle Buch vom Dalai Lama (gratis Download auf Amazon oder http://www.beneventobooks.com), wo er u. a. davon erzählt, dass er China gegenüber keinen Hass empfindet. Dass Hass bekanntlich Hass sät, und so bin ich ja auch totale Befürworterin von Waffenabbau und allen Arten von friedlichen Ansätzen. Nur, und jetzt kommt’s, da muss ich mich dann halt doch ordentlich selbst an der Nase nehmen, fängt alles ja irgendwo mal im Kleinen an. Liebe und Frieden werden genährt, und Hass wird aber auch geschürt. Wenn der Dalai Lama China in Frieden begegnen kann, dann wohl nicht, weil er das von einem Tag auf den anderen einfach mal so beschlossen hat, sondern weil er sich bewusst daraufhin ausgerichtet hat, diese Art der Gefühle in sich zu nähren. 

Inzwischen haben wohl die meisten von uns schon einmal die Indianerweisheit zu den zwei Wölfen gelesen, in der es ebenfalls um diese bewusste Fütterung des Guten, Friedfertigen, der Liebe in uns geht:

Ein alter Cherokee Indianer lehrte seine Enkel etwas fürs Leben. Er sagte ihnen: „Ein Kampf geht in mir vor. Es ist ein schrecklicher Kampf zwischen zwei Wölfen. Ein Wolf stellt Wut, Furcht, Neid, Sorge, Bedauern, Gier und Habsucht, Selbstmitleid, Schuld, Groll, Minderwertigkeit, Lügen, falschen Stolz, Überheblichkeit und Ego dar. Der andere Wolf repräsentiert Freude, Frieden, Liebe, Hoffnung, Teilen, Gelassenheit, Güte, Freundschaft, Mitgefühl, Grosszügigkeit, Wahrheit und Glaube. Dieser Kampf ist auch in Euch und allen anderen Menschen.“ Die Enkel dachten eine Weile darüber nach und dann fragte eines der Kinder den Großvater: „Welcher Wolf gewinnt“? Der alte Cherokee antwortete nur: „Der den Du fütterst“. 

Worauf ich mit all dem hinaus will: Was für den Dalai Lama China ist, ist für mich u. a. die Schuldmedizin. Jeder würde es wohl total verstehen, wenn der Dalai Lama gegenüber China Hass empfinden würde und sich würde rächen wollen. Es wäre menschlich, nachvollziehbar. Und dennoch tut er es nicht, weil es schlichtweg nichts bringt, zumindest nichts Gutes. Genauso mag ich meine guten Gründe haben – und viele andere ja auch -, die Schulmedizin zu verteufeln (wobei was China mit Tibet macht, dann doch noch ein anderes Kaliber ist, das ist mir klar), doch bringt uns dies alle nicht weiter (und die Schulmedizin steht hier nun symbolisch für all die vielen Projektionsflächen, die wir halt so haben). Natürlich, jetzt stattdessen blindlings alles zu unterstützen, was dort so getrieben, geschnipselt und verabreicht wird, ist bestimmt auch nicht die Lösung und dann wohl das andere Extrem. 

Mein Ego stellt sich hier irgendwie grad arg quer bei diesem Post… Aber dennoch könnte ich ja mal versuchen, mich in die Schuhe der Schulmediziner hinein zu versetzen und würde dort vielleicht erleben, dass sie sehr viel Verantwortung tragen und einem ungeheuren Druck unterliegen, dass sie mit heeren Absichten in eine Ausbildung hineingingen, die sie mehr auf ein Maschinendasein trimmte als auf Menschlichkeit (kann ich von der Sozialen Arbeit her auch total nachvollziehen, diese Erfahrung), dass sie Fehler gar nicht eingestehen dürfen aus versicherungstechnischen Gründen, ein Rädchen sind in einem maroden System, dass sie gewisse Erfahrungswerte einfach nicht besitzen und eher unterdurchschnittlich emphatisch veranlagt sind, folglich gewisse Dinge ihren Horizont schlichtweg übersteigen und ihnen nie jemand gezeigt hat, dass auch dies ok ist, wenn sie’s denn zulassen können. Das war jetzt wieder nur grenzwertig nett – ich bin noch kein Dalai Lama oder Gandhi, ich merk’s.

Ich könnt zum Beispiel ihnen auch in der Metta-Meditation* so viel Liebe und Gutes schicken, wie ich halt aufbringen kann oder (am besten und) mir bewusst auflisten, wofür ich ihnen dankbar bin oder zumindest dankbar sein könnte. Das habe ich auch alles schon gemacht, nur müsste ich es öfters machen, als ich mich im Gegenzeug dann wieder negativ über sie äussere. Sonst nähre ich zwar schon auch den guten Wolf, aber den bösen dann doch wieder mehr.

Sehr lange Rede, sehr kurzer Sinn. Was ich denn sagen will: Mir ist bewusst, dass die Schulmedizin ein sehr wunder Punkt bei mir ist. Ich möchte ihr verzeihen, ihr und auch noch so’n paar anderen Gestalten, schon lange, aber das mit dem Verzeihen ist so unglaublich schwer – so ganz und für alle Mal. Wobei ich auch gelesen habe, dass man eben nicht einmal verzeiht und es ist gut, sondern dass auch dies immer wieder neu bewusst getan werden muss. 

Mein Ego mag das natürlich nicht, da es sich ja u. a. auch darüber definiert, über die anderen, die es eben falsch, schlechter, unbewusster, dümmer machen. Vor allem wenn ich mich von ihnen abgewertet oder ich mich ihnen unterlegen fühle, dann muss ich doch möglichst sie abwerten, zumindest meinem Ego zuliebe, um da irgendwie wieder an Auftrieb zu gewinnen. Nur will ich all das wirklich? Und macht es diese Welt zu einem besseren Ort, zu einem Ort, an dem ich sein will? Kann ich von anderen Friedfertigkeit und Toleranz erwarten, wenn ich es selbst nur sporadisch, da, wo es mir gerade gut gelegen kommt und nicht zu schwer fällt, praktiziere? 

Diesen Text habe ich schon vor ein paar Tagen geschrieben und jetzt gerade noch dieses Video gesehen. Ich bewundere Agnes, und da will ich hin, schon immer! Wozu ich dann meine „Widersacher“ auch brauche, indem sie mir einen ungemeinen Dienst erweisen, ein Übungsfeld eröffnen und mir aufzeigen, welchen Weg ich noch zu gehen habe. 

https://www.facebook.com/humanthemovie/videos/vb.132590530246147/475626255942571/?type=2&theater

* Eine Erklärung/Anleitung zur Metta-Meditation findet sich hier: http://www.tibet.de/zeitschrift/newsdetail.html?tx_ttnews%5Btt_news%5D=446&tx_ttnews%5BbackPid%5D=971&cHash=afa71edbd41d0691d7046134a7295cc0. Ich benutze die vier Sätze: Möge ich glücklich sein. Möge ich mich sicher und geborgen fühlen. Möge ich gesund sein. Möge ich unbeschwert leben. Da gibt es verschiedene Versionen, wobei jeder in sich hineinhorchen soll, was für ihn am stimmigsten ist. 

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